Mit
dem Ende der Sowjetunion und der Auflösung des Ostblocks stellt
sich die Frage nach den Regionen Europas neu. Siegfried Tornow wendet
sich gegen den Begriff Mitteleuropa und geht von der Zweiteilung
Europas aus: Trennlinie ist die Elbe, die um 800 die Ostgrenze des
Frankenreichs bildet und um 1500 als Westgrenze der Leibeigenschaft
wieder erscheint. Bei allen kulturellen Unterschieden zwischen dem
orthodoxen Europa und dem katholischen Ostmitteleuropa bildet das
Europa der Leibeigenschaft eine strukturelle Einheit, die sich deutlich
von Westeuropa abhebt.
Das Handbuch
gibt eine Übersicht über die seit den Anfängen in
Osteuropa entstandenen Texte, ihre Autoren und deren soziales und
ideologisches Umfeld. Es berücksichtigt alle sprachlich, ideologisch
und literarisch relevanten Texte, sowohl die klassischen (griechischen,
lateinischen, kirchenslavischen) als auch die volkssprachlichen
(slavischen, baltischen, rumänischen, ungarischen, albanischen),
sowohl die christlichen als auch die jüdischen (jiddischen,
sefardischen) und muslimischen (osmanischen, tatarischen). Es verfolgt
die Entwicklung aller Schriftsprachen Osteuropas außer Deutsch
bis zu ihrer Standardisierung im 19. Jh. Es enthält eine Fülle
von Kurzbiographien über die Herkunft, den Bildungsweg und
das Wirken der Autoren Osteuropas und verknüpft so die Texte
mit der Welt, aus der sie stammen und für die sie verfasst
wurden.
Das Material
ist nach Epochen, Regionen und Sprachen geordnet. Dies ist die erste
Monographie, die ganz Osteuropa von der Elbe bis zur Wolga, vom
Baltikum bis zum Balkan über den gesamten Zeitraum von Karl
dem Großen und den Slavenaposteln bis zum Ersten Weltkrieg
behandelt.
Das Handbuch
wendet sich an Dozenten und Studenten der Ost- und Südosteuropäischen
Geschichte einerseits, der Slavistik, Byzantinistik, Balkanologie,
Finnougristik, Turkologie und Judaistik andererseits und soll die
Kluft zwischen Philologie und Geschichte überbrücken.
Es ist besonders geeignet als Kompendium der Kulturgeschichte Osteuropas
im Rahmen der interdisziplinären Osteuropastudien.
| zum Textanfang
|
|